Der Grund, warum ich es bisher wohl nicht geschafft habe, ein Tagebuch zu schreiben, ist der, dass eigentlich immer etwas dazwischen kommt.
Schrieb ich vor zwei Stunden und hab mich dann mit jemandem etwas länger unterhalten. So geht es meistens. Ein hochmotivierter Anfangssatz – zack, irgendwas anderes. In den letzten Tagen – ja ich wollte JEDEN Tag etwas schreiben – hatte ich allerdings einen guten Grund für mein Schweigen, und der hieß Aurora Borealis. Das ist das Phänomen, wenn ein Haufen Leute sich bei Minustemperaturen auf einem zugigen Schiffsdeck einfrieren lassen, um auf einen zarten, grünen Schimmer am Horizont zu hoffen, um dann zu versuchen, mit starren Fingern den Auslöser zu betätigen.
Zwischendurch geht es dann zum Auftauen und durchkochen (in den für Innenräumen viel zu warmen Klamotten) in die Panoramalounge. Kaum hat man den Rechner aufgebaut, sichtet wieder irgendwer Polarlichter. Also hurtig das ganze Laptopgeraffel wieder in den wasserdichten Rucksack verstauen, Schnutenpulli auf, und Handschuhe an (die mit ohne Fingern dran) und wieder raus an Deck. Oooooh…. aaaahhhh, daaaa, daaaaa… – wie ist denn Deine Kameraeinstellung? Ach – hab ich gar nicht. Super. Gestern? Ja, hab ich auch gesehen… Kalt, ja… ich geh auch gleich rein. Nur noch ein bisschen.
Natürlich geht man erst, wenn auch das letzte grüne Glimmen selbst mit Restlichtverstärker nicht mehr zu erkennen ist. Schließlich will man ja nicht das ultimative Motiv verpassen, nur weil man unterhalb des Knies nichts mehr spürt oder man sich fragt, ob es an den Händen wohl Folgeschäden gibt wegen Gefrierbrand. Heute sind wir relativ entspannt, weil die Polarlichtapp eine geringe Wahrscheinlichkeit für Polarlichter voraussagt. Es wäre ja auch zu schön über der netten Skyline von Tromsö noch die Nature-Lightshow festhalten zu können. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Die Werte steigen schon wieder.
Momentan ist es also noch unberechenbar. Und natürlich will ich Euch hier nicht 1273 Fotos präsentieren, sondern erst mal in Ruhe sichten und dann die netten Bildchen raussuchen, die nicht verschwommen sind oder langweilig. Also ich hole das nach, versprochen. Tag für Tag.
Heute war also ein Tag in Tromsö. Die ganze Nacht hat es immer wieder heftigen Schneefall gegeben, heute morgen war das Schiffsdeck mit 20cm Schnee bedeckt. Eine pudrige Idylle und ein interessanter Kontrast zu den warmen Blubberpools. Ich glaube, ich muss mal kurz raus, gucken, was die Lichter so machen… noch ein paar Minuten, sagt die App… aber da laufen schon wieder aufgeregte Menschen an Deck rum… bin mal kurz weg.